Politische Jugendbildung und Partizipation

Von Elisa Birken, März 2019

Die außerschulische politische Jugendbildung trägt als Teil der Jugendarbeit maßgeblich zur Bildung von Kindern und Jugendlichen bei. Durch ihre von Bildungsplänen unabhängige Planung und die auf Freiwilligkeit basierende Teilnahme, kann sie die Jugendlichen häufig besser erreichen und Inhalte interessanter vermitteln als im Rahmen des schulischen Politikunterrichts. Da gerade politische Themen im Schulunterricht zu den für Jugendliche weniger attraktiven Themen gehören, stellt die politische Jugendbildung einen wichtigen Teil der außerschulischen Jugendbildung und somit der Jugendarbeit dar. Sie „ist in der Geschichte der Bundesrepublik zu einem wichtigen Bestandteil und zeitweise auch übergeordneten Prinzip der außerschulischen Jugendarbeit und -bildung geworden“ (Sander 1997, S. 259) und trägt maßgeblich zur Förderung von Mündigkeit und Urteilsfähigkeit bei.

Ein zentraler Aspekt der politischen Jugendbildung ist außerdem die Förderung der politischen Jugendpartizipation. Diese kann in unterschiedlicher Form erfolgen und ist für den Erhalt und Ausbau von Demokratie notwendig. Denn obwohl es so scheint, als herrsche ein Mangel an politischem Interesse der Jugendlichen, ist die Bereitschaft sich politisch zu engagieren durchaus vorhanden. Partizipation ist im Jugendalter jedoch häufig nur in begrenztem Rahmen möglich und die vorhandenen Angebote werden nur in geringem Maße angenommen. Zudem herrschen große Unterschiede in der Beteiligung von Jugendlichen in Abhängigkeit von ihrem Bildungsniveau und sozialem Milieu. Das bedeutet, dass politisches Engagement und Partizipation grundlegend davon abhängig ist, in welchen sozialen Verhältnissen Jugendliche aufwachsen und damit auch welche Bildungswege für sie offenstehen. Hier kann die politische Jugendbildung einen wichtigen Beitrag zur Förderung der politischen Beteiligung leisten, denn häufig steht hinter einem fehlenden Interesse an Partizipation, ein Mangel an politischem Wissen. Dies bezieht sich nicht nur auf politische Geschehnisse und Fakten, sondern ist in erster Linie in Bezug auf Informationsdefizite im Bereich von rechtlichen und strukturellen Themen zu sehen. Durch eine umfangreiche Aufklärung und Vermittlung dieser Inhalte, kann durch außerschulische politische Jugendbildung Chancenungleichheit entgegengewirkt werden und somit für eine erhöhte Nutzung der Partizipationsmöglichkeiten gesorgt werden. Zudem können die vorhandenen Angebote mit dem tatsächlichen Bedarf abgeglichen werden und somit Konzepte zur Förderung von Jugendbeteiligung ausgebaut und überarbeitet werden.

Beschäftigt man sich mit der Tatsache, dass junge Erwachsene häufig weniger Interesse an Politik zeigen, „geht es nicht primär um die alle Altersgruppen betreffende […] Politikverdrossenheit, sondern z.B. um offenkundige Defizite politischer Bildung und ihrer Institutionen“ (Schmidt 2010, S. 4). Es gibt also verschiedene Faktoren, die das Politikinteresse von Jugendlichen beeinflussen. Zur Förderung dieser trägt die politische Jugendbildung maßgeblich bei, wobei es sich nicht ausschließlich um Wissensvermittlung oder Kompetenzerwerb handelt. Je erfolgreicher die politische Bildung ist, desto größer ist die Wahrnehmung der verschiedenen Formen und Gestaltungsmöglichkeiten von Partizipation. Es geht jedoch nicht nur um bessere Bildung, sondern auch darum, die individuellen Lebenschancen und Gestaltungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, denn auch die sozialen und kulturellen Gegebenheiten wirken sich auf die Einstellung und das Interesse gegenüber Politik und somit auch gegenüber einer politischen Beteiligung aus (vgl. Schmidt 2010, S. 4f.).

Um Kinder und Jugendliche schon früh dazu zu befähigen, an Politik teilhaben zu können (wollen?), muss die politische Bildung ihren Beitrag leisten. Denn politische Bildung sollte nicht erst mit dem Beginn der Volljährigkeit oder dem Eintreten der Wahlberechtigung beginnen. Um politische Mitbestimmung zu etwas Selbstverständlichem zu machen, sollte eine politische Jugendbildung möglichst früh ansetzen (vgl. Agejew 2015, S. 9). Diese berücksichtigt jedoch nur selten, mit was sich junge Menschen identifizieren, in welchem Umfeld sie sozialisiert werden, mit welchem Problematiken sie sich konfrontiert sehen und wo sie ihre persönlichen alltäglichen Gestaltungsmöglichkeiten sehen. Die Forderung Erwachsener nach jugendlicher Partizipation ist ständig vorhanden, jedoch setzt eine solche Beteiligung voraus, dass die vorhandenen Angebote und Beteiligungsmöglichkeiten von den Jugendlichen als gestaltbar empfunden werden. Ist dies nicht der Fall, wird der Wunsch nach Partizipation von dieser gesellschaftlichen Gruppe nicht ernst genommen. Um den Jugendlichen zu zeigen, dass ihre Mitbestimmung gewünscht ist, muss die politische Bildung eben diesen Wunsch vermitteln. Jugendliche müssen spüren, dass ihr eigener Alltag politisch gestaltbar ist und die politischen Entscheidungen und Veränderungen ihr eigenes Leben tangieren. Beispiele, die dies deutlich machen können, sind das Herabsetzen des Wahlalters oder die Abschaffung der Wehrpflicht.

Neben der Hürde des politischen Interesses ist die soziale Spaltung in der Beteiligung, welche sich auf Bildungsniveau und soziales Umfeld bezieht, nochmal deutlich zu erwähnen. Häufig werden nur jene Jugendlichen angesprochen, die einen hohen Bildungsstandard genießen und aus guten sozialen Verhältnissen stammen. Die Aufgabe der politischen Bildung sollte es sein, diese Unterschiede zu verkleinern und Politik für Jugendliche aus verschiedenen sozialen Milieus transparent und gestaltbar zu machen. Sie sollte darüber informieren, wo Partizipation möglich ist und, dass diese unabhängig vom sozialen Milieu gewünscht ist (vgl. Schäfer 2017, S. 7).

Konkret werden der politischen Jugendbildung dadurch vier Aufgaben zuteil:

Ein transparenter Umgang damit, wie die politische Teilhabe von Jugendlichen gestärkt werden kann, welche Möglichkeiten der Partizipation bestehen und welche Veränderungen für die Beteiligten in Bezug auf deren Rechte innerhalb und außerhalb von Organisationen wie Ausbildung, Schule etc. erreicht werden können.

Die politische Jugendbildung soll einen Zusammenhang zwischen den soziokulturellen Hintergründen und den Partizipationsmöglichkeiten herstellen. Es geht darum für Beteiligung zu motivieren und offenzulegen, wo Partizipation innerhalb von welchen Gestaltungsspielräumen möglich ist und wo lediglich ein Schein-Recht auf Partizipation besteht.

Um eine realistische Forderung nach Partizipation gewährleisten zu können, ist die Überprüfung der politischen und ökonomischen Gestaltungsmöglichkeiten ein wichtiger Faktor. Somit kann die geforderte Partizipation mit den vorhandenen Gestaltungsspielräumen abgeglichen werden und es können Konzepte erstellt werden, um diesen Zusammenhang realistischer zu gestalten.

Durch die Vielfalt an unterschiedlichen Rechten in verschiedenen Kontexten, können die Gestaltungsmöglichkeiten von Jugendlichen meist nicht bereichsübergreifend miteinander verglichen werden. Um die Jugendpartizipation zu steigern und die Frage zu beantworten, wie „die politische Jugendbildung jugendpolitischer werden kann“ (Schäfer 2017, S. 8), sollten eben diese Rechte und Spielräume von Jugendlichen transparent formuliert werden (vgl. ebd.).

Sieht man das Interesse an Politik als Grundlage um politisch zu partizipieren, so wird die große Notwendigkeit deutlich, die politische Jugendbildung in ihrer Ausdehnung und Intensität zu verstärken. Sicherlich ist sie nicht alleinig in der Verantwortung, das Interesse von Jugendlichen zu steigern, jedoch stellt sie neben der Schule den zweiten großen Bildungsbereich der Jugend dar. Die außerschulische Jugendbildung muss also noch stärker dafür Sorge tragen, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene als Subjekte sehen, die Teil des politischen Systems sind und somit auch direkt von den Entscheidungen der Politik betroffen sind. Darüber hinaus müssen sie erfahren, dass sie selbst Gestaltungsmöglichkeiten und Einfluss auf die Politik besitzen, in erster Linie durch die vielfältigen Partizipationselemente. Um jedoch dies erfahren zu können, müssen eben diese Partizipationselemente transparent offengelegt werden und das unabhängig von Lebensalter, Geschlecht, Bildungsniveau und sozialem Milieu.

Die politische Jugendbildung soll also einen transparenten Lebensweltbezug, in Abhängigkeit von den der Jugendlichen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Möglichkeiten herstellen, sowie das tatsächliche Angebot mit den Forderungen abgleichen und für eine rechtliche Aufklärung der Jugend sorgen.

Literatur

Agejew, A., Bargen, J., Dippon, M., & Morschhäuser, R.-M. (2015). Jugendbeteiligung in der KommuneI. In Zukunft mit uns! Handreichung Nr. 2. . Von Baden-Württemberg Stiftung: https://www.bwstiftung.de/uploads/tx_news/HR_2_Kommune_WEB_02.pdf am 25.03.2019 abgerufen

Schäfer, P. K., & Schröer, P. D. (2017). Zur politischen Gestaltbarkeit von Jugend – politische Jugendbildung im 15. Kinder und Jugendbericht. Von FORUM JUGENDHILFE: https://www.agj.de/fileadmin/files/publikationen/forum/15KJB_forum_agj_0417.pdf am 23.03.2019 abgerufen

Schmidt, S. (2010). Politisches Interesse. Von Bundeszentrale für politische Bildung: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/47506/politisches-interesse?p=all am 20.03.2019 abgerufen

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